Texte

Von Ende Mai bis Ende Juni gibt es so viele Geburtstage um uns – da sind wir schon groggy, bevor wir zur nächsten Party fahren.

Früher sind wir gern mit den Kindern raus. Wir wollten auf keinen Fall das allwochenendliche Grauen in der Stadt erleben:

Das Rockkonzert ist zu Ende, die Musiker fahren nachts heim. Der, der am wenigsten getrunken hat, sitzt am Steuer. Kurz vor dem Ziel wird der Band-Bus angehalten.

Mein Mann sagt oft: „Abini, erst denken, dann reden.“ Das ist seine Art, mich zu schützen. Außerdem klingt es schlau. Und deshalb versuche ich, mich daran zu halten.

Die seltsamsten Begegnungen geschehen nachts. Vor ein paar Jahren, kurz vor Pfingsten, saß ich noch sehr spät in der Redaktion und wollte nur dies: endlich fertig werden. Da erhielt ich einen bestürzenden Anruf.

Jetzt ist gerade Hochsaison: Bis Ende Mai gibt es in unserer Familie und unserem Freundeskreis viele Geburtstage. Sozusagen täglich. Das ist jedes Jahr so, klar. Aber mit der Zeit hat sich einiges verändert.

Es heißt, Wahnsinn sei erblich. Das stimmt: Eltern bekommen ihn von ihren Kindern.

Gerade wurde mein Töchterchen zwanzig, und wir erinnerten uns an den Tag der Geburt: Ich war damals so stolz auf meinen Bauch, wir hatten viel Spaß bei der Entbindung, wir waren glücklich. Moment: Ich war stolz auf meinen Bauch?

Wenn ich nachts nicht schlafen kann, verstaue ich zuweilen meine Würde unter dem Bett und schalte mich ins Nacht-TV. Da erwartet mich alles: Krimi-Wiederholungen, Dokusoaps, Gerichts-Possen, Spät-Infotainment. Das ganze Programm radikaler Zumutungen. Ich liebe schlechtes Fernsehen!

Die Nacht ist meine Feindin. Um 0.30 Uhr schlafe ich gewöhnlich längst nicht.

Sie haben Post. Oh, wie wunderbar - ich erhalte gern Briefe. Doch alles, was ich am Wochenende aus dem Briefkasten nehme: sind Fensterbriefe. Das können nur Bescheide, Rechnungen oder so was sein.
Es ist unglaublich, worum man sich alles kümmern muss – bloß weil es einen gibt.

Meine Haare! Wenn ich ins Wasser sprang, wurden sie nicht nass. Wenn ich versuchte, sie zu kämmen, verlor der Kamm alle Zinken. Wenn ich mir einen Pony schnitt, stand er wie ein Dach. Schon als kleines Kind geriet ich mit meinen Haaren in Konflikt. Aber schlimm, wirklich schlimm waren die Menschen,

Wenn die Kinder aus dem Haus gehen und eine Wohnung suchen, wenn sie dabei Rücksicht auf die Eltern nehmen, weil sie noch kein eigenes Geld verdienen und, wenn sie etwas „nahezu preiswertes“ gefunden haben – dann steht vor einem immer eine Riesenschlange.
Heute war wieder Wohnungsbesichtigung.

Die Menschen haben eine schlechte Angewohnheit: Sie werden älter.