Drucken

Sie rutschen auf einer Kontaktlinse aus oder bleiben mit dem Fuß im Besteckkasten hängen – und müssen zum Arzt. Sie sind kein Notfall und suchen erstmal auf einem Internetportal nach einem Orthopäden: Weil Sie die Wartezeit, Behandlungsdauer und die Art seiner Information interessiert.

Und schon sind Sie auf ein „Marketing-Mätzchen“ der AOK hereingefallen? Oder auf die Bewertungen dilettantischer Patienten, die Qualität gar nicht beurteilen können? So jedenfalls lauten die Vorwürfe der Kritiker, die den „Ärzte-TÜV“ der Krankenkassen unbedingt verhindern wollen. 

Die AOK-Bundesvereinigung plant ab 2010 ein Internetportal, auf dem die Mitglieder jener Kasse die Ärzte bewerten können. Mit 24 Millionen Mitgliedern könnte da ein relevantes Forum entstehen. Natürlich will die AOK davon profitieren. Längst denken auch andere Kassen über diesen Service nach. Das jedoch reicht nicht für einen Vorwurf.

Doch Ärzte-Interessenverbände wehren sich massiv gegen diesen Plan. Die Bundesärztekammer lehnt das Vorhaben strikt ab: Denn Patienten könnten lediglich die „Softqualitäten“ eines Arztes bewerten – also dessen Verständlichkeit oder seine Praxisorganisation. Aber nicht seine Qualität.
Nun ist aber Qualität etwas sehr Differenziertes, doch ausgerechnet in dieser Debatte wird sie als pauschales – pardon – Totschlagargument geführt. Wie misst denn die Ärzteschaft untereinander „Qualität“? Und wie eng hängen eigentlich Qualität und Moral (Stichwort: Pharmaindustrie) zusammen? Sind dies nicht beides Begriffe, die sich gegen ihre ungenierte Verwendung nicht wehren können?
Man muss nicht erst einen Gerichtsmediziner besucht haben, um zu wissen, dass miese Qualität, falsche Diagnosen oder gar Behandlungsfehler keine höchst seltenen Einzelfälle in Deutschland sind. Es genügt die Erkenntnis, mit welcher Überheblichkeit hier alle Patienten pauschal unterschätzt werden.

Arzt TÜVAber es gibt nicht nur massive Kritik, sondern auch Zuspruch – von einzelnen Ärzten und vielen Patienten.
Ich habe, wie viele andere auch, erst nach langem Suchen sorgfältige, vertrauenswürdige, aufmerksame Fachärzte gefunden – alle auf Empfehlung aus dem Kollegen- oder Bekanntenkreis. Auch im Zeitalter des Internets ist Mundpropaganda eben nicht zu unterschätzen. Gern gebe ich meine Erfahrungen weiter, und jeder kann dann selbst entscheiden (z.B. lange Wartezeit: zweitrangig, konkrete Diagnose: wichtig), ob er sie teilt oder nicht.
Doch die Verbände tun geradezu so: Als könnten Ärzte nur von Ärzten beurteilt werden. Als wären Patienten zu beschränkt im Denken und Empfinden. Als wäre deren Wahrnehmung belanglos. Als würden wir bei jedem Schnupfen ein Hühnchen opfern...

Was ist wesentlich gegen subjektive Erfahrungen auf einem Internet-Portal einzuwenden? Wenn die jeweilige Praxis erst nach 30 bis 50 Bewertungen frei geschaltet wird. Wenn Verunglimpfungen gar nicht erst veröffentlicht werden. Wenn ein kluger Fragenkatalog bestmöglich vor Missbrauch schützt. Und wenn es keine anonymen Einträge gibt. (Davon träumen Lehrer, Schüler, Verkäufer, Produzenten, Restaurantbesitzer und mancher Blogger)
Kann man dann eigentlich noch von einem Pranger der Ärzte sprechen? Ist die Angst so groß, dass es nur bösartige Eintragungen gibt? Gehen denn alle Ärzte längst so souverän mit der Kritik ihrer Patienten um, dass das Portal überflüssig ist?

Nein, Deutschland sucht da nicht den Superarzt, aber Patienten suchen guten Rat!
Nicht allen reicht es, sich nur auf Selbsterfahrungs-Foren auszutauschen.
Nicht allen helfen die Hausmittelchen von Prof. Hademar Bankhofer.
Nicht alle werden sich auf die Internet-Portale der Krankenkassen verlassen.
Aber warum soll es dies nicht geben? Weshalb alles kaputtreden? Meinungen abwehren? Keine Haltungen zulassen?

Rutschen Sie mir bloß nicht auf einer Kontaktlinse aus. Bleiben Sie aufrecht!
Alles Gute wünscht Ihnen Abini Zöllner

Verfasst am 19.06.09, 21:17 Uhr
| Kommentare (5) | TrackBacks (0)

Kommentare

Es ist wie immer, wenn eine Gruppe, die sich bisher die Sonne der Kritiklosigkeit genießen durfte, sich plötzlich mit Feedback konfrontiert sieht. Lehrer mucken auf gegen Benotung durch Schüler, Vorgesetzte finden Führungsfeedback skandalös, schmuddelige Gastwirte fühlen sich vorgeführt etc. Gerade bei Ärzten ist es wichtig, dass potenzielle Patienten um deren Fähigkeiten wissen, bevor sie eine falsche Behandlung erfahren. Eine Freundin von mir quält sich seit zwei Jahren, weil sie von einer angeblichen Koryphäe falsch behandelt worden ist. Ein Internetforum, in dem seine bisherigen Fehlleistungen deutlich dargestellt würden, hätte ihr helfen können.
Das Problem ließe sich sehr einfach lösen: Statt immer mal wieder eine einzelne Gruppe herauszugreifen, für eine Qualitätskontrolle durch die Betroffenen stattfinden soll, wäre ein Total Quality Management in allen einschlägigen Bereichen, die sich von jeher Bewertungen entziehen konnten, sinnvoll, also auch Behörden, Richter, Anwälte, Politiker (die hier mit gutem Beispiel vorangehen könnten), Manager, Berater etc.
Vor 40 Jahren war die Stiftung Warentest noch ein Aufreger, heute haben sich alle an sie gewöhnt. Nur zu!
Liebe Grüße
Claire

Verfasst von: Claire Duchesne | 22.06.09, 09:13 Uhr

 

Vier Tage nachdem hier mit dem Ärztecheck das Thema eröffnet wurde, hat Karslruhe bekanntermaßen eine Deutschlehrerin abgewiesen, die ihre Benotung als Verletzung der Persönlichkeitsrechte ansah. Schüler dürfen also Lehrer benoten, was ja auch bedeutet, Patienten dürfen Ärzte benoten.
Claire im ersten Kommentar geht noch weiter, meine Zustimmung hat sie, und möchte alles benoten, was sich bisher einer Bewertung entziehen konnte.
In der aktuellen Diskussion ist das für Ärzte und Anwälte im Gespräch, im Internet gibt es das für Profs und Lehrer auf meinprof.de und spickmich.de.
Eine Note oder ein Testurteil ist aber nur hilfreich, wenn nicht wie im Anzeigenblättchen nebem dem Gefälligkeitsbericht gleich die Anzeige des Sponsors steht. Deutlich muss sein, wer urteilt und warum so und nicht anders.
Abini Zöllner schlägt, Zustimmung, vor, dass es keine Anonymität dabei geben sollte.
Was tut Not?
Zuerst die Fähigkeit zu hilfreicher Kritik und Förderung einer entsprechenden aktiven und passiven Kultur. In Internet-Foren geben Psychos und Trolle massenhaft eine traurige Vorführung dieses Mangels an solcher Kultur.
Dann die Aufhebung von Anonymität. Aus eigener Erfahrung mit der Ermunterung meiner Untergebenen zur Kritik weiß ich, dass eine weit verbreitete Angst vor - oder die Erfahrung mit Sanktionen die Ehrlichkeit behindert. Deshalb kommt zur Aufhebung der Anonymität noch die Garantie gegen Sanktionen hinzu. Dann müsste es mit dem An-einem-Strang-ziehen von Aktiven und Passiven in vielen Bereichen, die sich der notwendigen Bewertung bisher entzogen haben, klappen.

Verfasst von: huscholz | 01.07.09, 11:27 Uhr

 

Mir ist zwar egal,ob generell "Benotung von Ärzten" suspekt ist, aber gerade bei der AOK Klientel fällt auf, dass denen wichtiger ist,ob sie adhoc eine Krankschreibung bekommen oder ein Rezept und weniger wichtig, ob dieses ggf gerechtfertigt ist. Die Kosten dürften für die AOK steigen,da Ärzte durch das Forum unter Verordnungs und Krankschreibungsdruck gesetzt werden-will das die AOK wirklich?

Verfasst von: Lagasch | 09.07.09, 08:49 Uhr

 

Upps! Herr/Frau Lagasch, gehen AOK-Mitglieder nur dann zum Arzt, wenn sie wirklich krank sind? Ist doch nicht schlecht. - Ich kenne Ärzte, die wollen nur über Prävention und Lebensführung dozieren, als wenn man das nicht selber wüßte. Bei denen ist ein Kranker auch gleich ein Uneinsichtiger, Fauler und ein Egoist. Zur Strafe wird man dann nicht behandelt. Das wird teuer! - Mir ist es lieber, ich kann solche Ärzte differenziert bepunkten, z.B. mit "-6", weil meine fatalen Nierenwerte nicht beachtet wurden und der nächste Arzt mich direkt ins Krankenhaus einweisen musste.

Verfasst von: Sven Jaelin | 27.07.09, 09:38 Uhr

 

Dieter Reiber, IbF-Institut sagt:
Ärzte-TÜV, aber bitte seriös - und den Heiler-TÜV und Arbeitgeber-TÜV noch dazu !

Wer hat das was zu befürchten, wenn es sachlich und seriös zugeht.
Zum Beispiel will das die Europäische Kommission interdisziplinärer Wissenschaften (IGA-TAR) mit dem Intra-Net-Projekt IQCMZ (International Quality Centre Medizin Zertifikation) im Zusammenhang einer Ärzte-Leistungsabrechnung mit der Kasse mit Fragebogen (was hat die Leistung beim Patienten gebracht), samt Blutbildverlauf und einem in-vitro-Biotest ganz im Sinne der EU-in-vitro-Geräte-Verordnung (1998) Soziale-Agenda-21-Kriterien konform, also EU-konform installieren (Ökonomie, Ökologie, Nachhaltigkeit, Sozialaspekt). So könnten Ärzte und medizinische Verfahren bewertet in einer Hitliste Beste Ärzte , Beste Verfahren im Internet veröffentlicht viel Gutes bewirken. D.R.

Auch die Kassen könnten sich mit 0,3% des Beitragsaufkommens beteiligen, weil ja gerade diese dadurch stark entlastet wären und ein Alibi hätten sich hinter diesem Konstrukt zu stellen und im Krankenkassen-Report Werbung zu betreiben.
Es zeichnet sich schon 2009 deutlich ab, dass die neu gewonnen Freiheiten von fortschrittlichen Kassen positiv umgesetzt (z.B. für Patientenaufklärung und Betrieblichem Gesundheitsmanagement) diese stark entlasten, weil sie eine ursächlich-ganzheitliche Präventiv-Medizin bezahlen, die die Kassen bezüglich der klinischen Zu-spät-Medizin stark entlasten.
Die Hitliste könnte Ärzte bei Bezahlung nach Leistung motivieren.

Dieter Reiber sagt:
von Ärzte-TÜV: Selbstbeurteilung gilt nicht ! am 28.11.2009 09:58 Uhr Zum Ärzte-TÜV: Klar, wenn Ärzteverbände und Ärzte sich selbst beurteilen, fällt die Beurteilung selbstredend immer gut aus.

Das ist es aber nicht, was die Beitragszahler brauchen, falls sie einmal kompetent (ohne Risiko, NeWi, Folgen lt. Beipackzettel) staatsmedizinisch behandelt werden wollen.
Austherapierte Patienten suchen zurecht Diagnose-Kompetenz in sogenannten Zentren, weil sie nicht in eine prekäre Zu-spät-Medizin verschleppt werden wollen.
Dass es auch in der Medizin eine Diagnose-Navigation (lt. EU mit in-vitro-Geräte-Verordnung, 1998) gibt, ist den meisten nicht bekannt.

Da Universitäten Ärzte nicht in Präventiv-Medizin ausbilden, können diese Ärzte nur freiwillig sich entsprechend weiterbilden und mit in-vitro-Biotest-Geräten (BFD / EAV, Biotonometer, SCAN-Geräten u.a.) Arzneimittel bestimmen (nicht raten), die ohne jedes Risiko maßgeschneidert zum Patienten passen, wie ein Schlüssel in Schlüsselloch passt..
Das entspricht der EU-Soziale-Agenda mit den Kriterien: Ökonomie, Ökologie, Nachhaltigkeit (Heilung) und nicht Dauertherapie mit Verschleppung, bis es zu spät zur Heilung ist. Das meint Dieter Reiber, IbF-Institut
(EUROPA-Technik- und Technikfolgenforschung, auf Risiken, Ne-WI, Folgen, Kosten-Nutzen, Akzeptanz, Zertifizierung auf EU-Konfomität)

Verfasst von: Dieter Reiber | 22.02.10, 11:57 Uhr