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Daniel Reinsberg thematisiert gern seine Hautfarbe - und kann auch mit ihr umgehen. Er hat im besten Sinne des Wortes: Schwarzen Humor.

Das Gewand ist sehr lila, der Anzug sehr hellblau, die Strickjacke sehr beige. Dabei müsste sich Daniel Reinsberg gar nicht umziehen, denn sein Versprechen "einen Abend in Farbe" zu bieten, löst er auch ohne Garderobenwechsel ein. Der Comedian bringt Beobachtungen aus der Gesellschaft auf die Bühne, kombiniert sie mit persönlichen Erfahrungen und macht am Ende aus jedem grauen Feierabend tatsächlich ein buntes Ereignis. So auch im Comedy Club Kookaburra, wo er sich für die Berliner mit seinem Programm als echte Entdeckung präsentiert, obwohl er sich landesweit längst als Moderator und Entertainer einen Ruf herbeigeredet hat. Einen guten Ruf. Unaufdringlich, vielseitig und angenehm selbstironisch - wird er zum Helden des Alltags.
RheinsbergDaniel Reinsberg kommt aus Äthiopien und ist fast so schwarz wie sein Humor. Wenn also jemandem in seiner Nähe "schwarz vor Augen wird", dann beruhigt er ihn mit den Worten: "Das bin ich!". Reinsberg thematisiert gern seine Hautfarbe - und das Schönste daran ist, er kann auch mit ihr umgehen. Deshalb besteht er nicht darauf, dass "Negerküsse" in seiner Gegenwart "afrodeutsche Schaumwaffeln" genannt werden. Stattdessen liefert er bessere Vorlagen, die politisch wunderbar unkorrekt sind.
Dabei hatte es Daniel Reinsberg nie leicht, gerade in Deutschland. Die kleinen schwarzen Jungs in den USA hatten es da besser, die konnten sich zwischen Vorbildern wie Jimi Hendrix oder Stevie Wonder entscheiden - hier in Deutschland gab es "nur Roberto Blanco". Was für ein Elend.
Grund genug, Licht in die Schattenseiten des Lebens zu bringen - und sie ironisch zu reflektieren: Also, wie bewegt man sich als Schwarzer in der Dunkelheit? So viel sei verraten: zunächst vorsichtig. Und warum haben es Schwarze leichter als Schwule? Sie müssen es ihren Eltern nicht sagen. Das ist einleuchtend.
"Bruder, was geht" fragt der Comedian diesmal - in seinem aktuellen Programm - einen selbstverliebten Nichtstuer, einen betroffenen Theaterkritiker oder auch einen größenwahnsinnigen Rapper. Das klingt schon so, als würde bei den geschätzten Brüdern gar nichts gehen - aber Reinsberg wäre nicht Reinsberg, wenn er daraus nicht ein großes Halleluja gospeln würde. Schwarze Menschen in einer weißen Gesellschaft, Alltagsrassismus in Zeiten der Globalisierung - hilft da wirklich nur beten? Soviel ist jedenfalls sicher: Endlich hat auch die Comedybranche ihr dunkles Kapitel.
Mit Daniel Reinsberg muss schwarzer Humor neu definiert werden. Irgendwie ist seine Menschwerdung die Menschwerdung eines jeden - auch wenn nicht jeder mit seinem Waschlappen spricht oder über Zebrastreifen sinniert. Amüsant wird seine Aufklärung dadurch, dass er sich selbst von Vorurteilen nicht ausnimmt. Egal, ob komische Geschichten über Eskimos oder interessante Beobachtungen über Kreise in Kornfeldern, Reinsberg kriegt alle. Weil er die Kunst beherrscht, sich durch den Kakao zu ziehen - und der Kakao danach immer noch schmeckt.

Berliner Zeitung, 30.03.2005